Fehlerbetrachtung
Der Kugelfunktionsentwicklung entspricht die Fourier-Reihe periodischer Funktionen im Eindimensionalen. Die zweifache Periodizität von Funktionen auf der Kugel resultiert in einem in Grad n und Ordnung m diskreten Spektrum. Es lassen sich einige Analogien zu typischen Größen der Signalverarbeitung im Ein -und Zweidimensionalen herstellen. Die Quadratsumme der Koeffizienten und pro Grad n multipliziert mit den Quadraten des Dimensionsträgers und des Eigenwerts wird als Gradvarianz bezeichnet, z.B. für das Störpotential:
. (10)
Die entsprechen dem Leistungsspektrum der Funktion. Der Wurzelwert der durch die Anzahl der Koeffizienten pro Grad geteilten Gradvarianz drückt den Durchschnittswert des Signals pro Grad aus (ave für average):
< . (11)
W. M. Kaula konnte 1966 zeigen, dass der Signalabfall mit zunehmendem Grad einer Gesetzmäßigkeit folgt. Es gilt für den Abfall der dimensionslosen ()
(12)
bzw.
.
Man spricht von der Kaulaschen Daumenregel. Eine Verfeinerung dieser Daumenregel wurde von Tscherning und Rapp gefunden. Alle neueren Ergebnisse der Schwerefeldmodellierung bestätigen in etwa diese einfache Gesetzmäßigkeit. Sie eignet sich daher sehr gut für Abschätzungen des Signalgehalts. Ähnliche Gesetzmäßigkeiten sind für die terrestrischen Planeten, für die Topographiefelder und für das Erdmagnetfeld bekannt. Gleichzeitig mit der Berechnung der Koeffizienten und eines Schwerefeldmodells werden auch die Fehlervarianzen der Koeffizienten, genauer gesagt die volle Fehler-Varianz-Kovarianzmatrix, bestimmt. So lässt sich auch die Fehlergradvarianz definieren z.B. für das Störpotential als:
(13)
und der Durchschnittswert als (root mean square=RMS)
. (14)
Ein typisches Beispiel ist in Abbildung 3 zu sehen.
Abbildung 3: Beispiel für eine derartige Darstellung mit den Gradvarianzen nach Kaula, denen eines aktuellen Schwerefeldmodells und mit Fehlergradvarianzen [Man achte auf die logarithmische Darstellung der Gradvarianzen]
Aus Abbildung 3 lassen sich folgende in der Signalverarbeitung übliche Zusammenhänge ablesen. Der Quotient zu ist das Signal-Rauschverhältnis; er ist eine wichtige Information zur Signifikanz des Signals. Der Grad n, an dem dieser Quotient zu eins wird, definiert das Auflösungsvermögen (resolution) des Messsignals. Für höhere Grade (), d.h. kürzere räumliche Strukturen, wird das Signal von Rauschen dominiert; es ist kaum mehr brauchbar. Damit lässt sich ein Fehlerbudget erstellen. Die gesamte Fehlervarianz einer Schwerefeldgröße setzt sich zusammen aus dem
Messfehler
(englisch: commission error) (15)
und dem spektralen
Abbruchfehler
(englisch: omission error) (16)
der sich aus der Kaula-Regel abschätzen lässt. Er drückt den (durch den nur bis auflösbaren Entwicklungsgrad der Reihe) nicht berücksichtigten Signalanteil aus und entspricht einer Glättung des Signals. Die Teilsumme pro Grad n von (bis ) und wird kummulative Fehlervarianz genannt:
, (17)
die Wurzel ergibt den kummulativen RMS-Wert.
Da Satellitenmissionen immer nur eine Schwerefelddarstellung bis zulassen, ist ein Abbruchfehler von mindestens
(18)
unvermeidbar. Ist , so verwendet man (16) zur Berechnung des Abbruchfehlers. Dieser Fehleranteil ist zu ergänzen durch den Messfehler (commission error).
Durch stets raffiniertere Satellitenmissionen und durch die Kombination mit terrestrischen Messungen wird versucht das räumliche Auflösungsvermögen, d.h. zu vergrößern und damit den Abbruchfehler zu verkleinern.