Die Wissenschaft hinter der Mission

Die Erdschwere ist eine fundamentale Kraft der Natur, sie beeinflusst viele dynamische Prozesse im Erdinneren ebenso wie auf und über der Erdoberfläche.

Es wird oft angenommen, die Erdbeschleunigung (g) sei konstant 9.8 m/s² für die ganze Erde. Zutreffend wäre dies jedoch nur, wenn die Erde aus gleich dicken, konzentrischen Schichten bestünde.

Die wichtigste Abweichung vom Standardwert für g basiert auf der Rotation der Erde. Da die Erde sich dreht, flacht ihre Form sich leicht zu einer Ellipse ab. Der Abstand zwischen Erdoberfläche und dem Erdkern ist dadurch am Äquator größer als an den Polkappen, so dass die Erdschwere am Äquator geringer ist. Die Oberfläche der Erde ist auch sehr ungleichmäßig: Zirka 20 Kilometer Höhenunterschied liegen zwischen den höchsten Berggipfeln und dem tiefsten Meeresboden. Bei weitem nicht homogen verteilt sind die verschiedenen Materialien, die Erdkruste und -mantel ausmachen, und auch die Schichtentiefen variieren an den verschiedenen Orten. Diese Faktoren führen dazu, dass der Wert für g auf einer Bandbreite von 9,78 m/s² bis maximal 9,83 m/s² liegt.

 

Die Bestandteile von "g": (Quelle: ESA)

0=Erdabflachung und Rotation
2=Massenverteilung
6=Gezeiten der Ozean und der Erde

7= Gebirge und Ozeangräben
4=große Resourcenspeicher
7=Große Gebäude in der Nähe

Ziel der Forschung ist aktuell, zu einem besseren Verständnis der Gravitationsfelder der Erde und des damit verbundenen Geoid zu gelangen. Dadurch wird man besser nachvollziehen können, wie die Erde funktioniert. Zahlreiche praktische Anwendungsgebiete ergeben sich daraus: So wird man die Physik und Dynamik im Erdinneren anhand einer verbesserten Karte der Gravitationsfelder besser verstehen können, da die Gravitation direkt aus der Verteilung der Masse im Erdinneren resultiert. Ein präzises, erdumfassendes Geoidmodell ermöglicht einen gänzlich neuen Forschungsansatz und führt zu einem besseren Verständnis der Ozeanzirkulation. Dies wiederum spielt eine wichtige Rolle für den weltweiten Energieaustausch. Auch um die Veränderungen des Meeresspiegels zu messen und für ein weltweit einheitliches Höhensystem benötigen wir ein globales, zentimetergenaues Geoidmodell, wie GOCE es uns liefern wird. Mit diesem können dann Gebirge und Küsten auf den verschiedenen Kontinenten miteinander verglichen werden.

Das Schwerefeld, das sich aus den GOCE-Daten ableiten lässt, spielt zweierlei Rollen in den Geowissenschaften: einmal entspricht das ermittelte Geoid einem hypothetischen Meeresspiegel im Ruhezustand (relevant für die Ozeanzirkulation, Meeresspiegelanstieg, Höhensysteme) und zweitens spiegelt die Gravitation Prozesse im Erdinnern (z.B. Massenänderungen, Sedimentierung, Entstehung von Grabenbrüchen)

Die wissenschaftlichen Ziele der GOCE-Mission

 

Globale Meeresspiegeländerungen (Quelle: ESA)

Die wissenschaftlichen Ziele der Mission beruhen auf den einmaligen technischen Eigenschaften des Gradiometers, mit dem sich ein hochgenaues, globales Modell der Schwerkraftfelder der Erde sowie des Geoids errechnen lässt. Dieses Modell dient als Grundlage für Forschungsziele in den verschiedenen Geowissenschaften, wie

  • die Schaffung eines nationalen, kontinentalen und globalen Höhenreferenzsystems, welches die Erforschung von topogra- phischen Prozessen erleichtert.
  • die Entstehung von Eisschichten und die Topographie der Landflächen.
  • ein neues Verständnis der Struktur der Erdkruste und der Lithosphäre, zum Beispiel an den Kontinentalrändern, sowie geodynamischer Prozesse wie der Mantelkonvektion mit Hilfe seismischer Daten (regional, global).
  • ein Modell von Ozeanzirkulation und Wärmetransporten im Ozean (global und regional). Hier werden die GOCE-Daten mit Daten aus der Satellitenaltimetrie kombiniert.
  • ein Modell der Eisdicke, welches Gradiometerdaten von GOCE mit Altimeterdaten verbindet.
  • eine genaue Erfassung des Meeresspiegels und das Verständnis seiner Variationen. Für neue Erkenntnisse in diesem Bereich benötigen wir Fortschritte auf allen gerade genannten Gebieten.