

Die Satellitenbahn von GOCE
An den GOCE-Orbit werden, neben der Bedingung einer möglichst niedrigen Bahn, noch zwei leicht divergierende Anforderungen gestellt. Zum einen soll er die Erstellung einer globalen Karte des Erdschwerefelds ermöglichen, zum anderen soll aber auch die Energieversorgung des Satelliten über einen weiten Bereich gesichert sein. Da die letztere Anforderung nicht mit großen Sonnensegeln erreicht werden kann, weil GOCE aus Gründen der Stabilität eine aerodynamische Form ohne bewegliche Bauteile braucht, muss gewährleistet sein, dass die Sonne immer gleichmäßig eine Seite der Satellitenoberfläche bescheint. Dies ist nur mit einer sonnensynchronen Umlaufbahn möglich, wobei die Bahnebene die Äquatorebene gegen sechs Uhr lokale Sonnenzeit schneidet.

Sonnensynchrone Bahn
Die sonnensynchrone Bahn zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Präzessionsbewegung der Erde um die Sonne mitmacht, also sich in einem Jahr einmal um die Erdachse dreht. Dies kann ein Orbit aber nur dann, wenn er gegen die Erdachse verkippt ist. Denn nur dann kann auf den Satelliten eine Kraft wirken, die aus der ungleichen Verteilung der Erdmasse zwischen Pol und Äquator resultiert. Die Bahn kann somit nicht exakt polar sein. In Abhängigkeit von der Flughöhe des Satelliten ist der Verkippungswinkel der Bahnebene gegenüber dem Äquator durch die Sonnensynchronität vorgegeben.
Aber nicht nur die Präzessionsgeschwindigkeit ist durch die Sonne vorgegeben, sondern auch die Richtung, in die die Präzession die Bahnebene drehen soll. Die Drehrichtung wird wiederum durch die Lage des Dreimpulsvektors zur Drehachse der Erde bestimmt. Da der Drehimpuls mit der Rotationsachse den gleichen Winkel wie die Bahnebene mit dem Äquator einschließt, entspricht dieser der Inklination der Bahn. Die Anziehung des Äquatorwulst versucht die Satellitenbahn in die Äquatorebene zu ziehen. Dadurch wirkt ein Drehmoment, das im Fall der nachfolgenden Abbildung in die Zeichenebene hinein zeigt und senkrecht auf dem Drehimpulsvektor steht. Dies führt zu einer Präzession, die für Drehimpulse in Richtung der Erdachse gegen die Erddrehung gerichtet ist, während Drehimpulse entgegen der Erdachse mit der Erddrehung präzedieren. Somit muss ein sonnensynchroner Orbit eine Inklination größer 90 Grad haben.

Richtung der Präzessionsbewegung in Abhängigkeit von der Inklination der Bahn
In der nachfolgenden Abbildung ist zu erkennen, dass genau zwei Bahnlagen die Bedingung der Sonnensynchronität erfüllen. Doch wegen der vorgegebenen Richtung der Präzession unterscheiden sich diese beiden Bahnen durch ihre Umlaufrichtung. Diejenige auf der der Satellit von Sonnenaufgang über Mittag zum Sonnenuntergang fliegt heißt dusk-dawn (gelb), die andere dawn-dusk (blau). In beiden Orbits tritt der Satellit auf Grund seiner niedrigen Umlaufbahn im Sommer und Winter in den Erdschatten. Doch ist die Zeit in der die Stromversorgung unterbrochen ist in diesen Orbits unterschiedlich. Während im dawn-dusk Orbit der Satellit im Winter eine längere Zeit im Erdschatten ist, liegt diese Phase im dusk-dawn Orbit im Sommer.

Zwei sonnensynchrone Orbits, dusk-dawn (gelb) und dawn-dusk (blau).
Da bei einer langen Dunkelphase die Stromversorgung des Satelliten nicht gewährleistet ist, kann in dieser Phase nicht gemessen werden. Die Satellitenbahn wird in dieser Phase, um Treibstoff zu sparen angehoben und die Messungen eingestellt. Sie wird deshalb Überwinterungsphase genannt. Da diese Überwinterung einen groben Einschnitt in den Messzyklus darstellt wird der Satellit je nach abzusehendem Starttermin entweder in der einen oder anderen Bahn fliegen. GOCE ist so konzipiert, dass beide Bahnen möglich sind. Ist man doch gezwungen aus Gründen einer Startverschiebung den Satelliten von einer in die andere Konstellation umzubauen, so ist dies jedoch ein nicht zu unterschätzender Aufwand.
Die folgende Abbildung zeigt die Dunkel- und Messphasen von GOCE bei einem Start im Dezember für dusk-dawn und Juni für dawn-dusk. Es wird eine Flughöhe von 250km während der Messenphase angestrebt. Jedoch ist dies von der Sonnenaktivität, die während der Messperiode herrscht abhängig.

Geplanter Messablauf von GOCE in Abhängigkeit von den Dunkelphasen im Orbit.
Voraussichtliche Bahndaten von GOCE:
Sonnensynchroner, fast kreisförmiger, dusk-dawn bzw. dawn-dusk Orbit
Inklination: 96,5°
Orbithöhe: ca. 250 km
Flughöhe während der Überwinterung: 270 km